Vernehmlassung

Kantonaler Richtplan

Kantonaler Richtplan; Vernehmlassung und öffentliche Mitwirkung zum Richtplan 2030

 

Stellungnahme der SVP Kanton Bern

 

Sehr geehrte Damen und Herren

 

Wir danken Ihnen für die Gelegenheit, zur Änderung des Richtplans Stellung nehmen zu können.

 

  1. Allgemeine Bemerkungen

Die SVP Kanton Bern anerkennt den Handlungsbedarf, den Richtplan auf die neuen Anforderungen des Raumplanungsgesetzes anzupassen. Insgesamt sind aber die Richtplaninhalte Siedlung zu überarbeiten und wirtschaftsfreundlicher zu gestalten. Nicht akzeptabel ist insbesondere die angestrebte Baulandverknappung, die zu stark ausfällt. Diese ist weder aufgrund der Bundesvorgaben notwendig noch ist der Bedarf gegeben, da auch das vorgeschlagene Raumkonzept klar festhält, dass die Bauzonen im Kanton Bern nicht zu gross sind. Zudem wurde beispielsweise im Vorfeld zur Revision des RPG kommuniziert, dass der Kanton Bern seine raumplanerischen Hausaufgaben gemacht habe. Mit dieser Baulandverknappung würden die Anforderungen an den Bau neuer Wohnungen erhöht und verkompliziert und die wirtschaftliche Entwicklung gebremst.

Die Zielsetzung der Siedlungsentwicklung nach Innen ist zwar ein interessanter Ansatz, da sie zum haushälterischen Umgang mit dem Boden beitragen dürfte. Sie kann aber nicht von oben angeordnet werden, sondern ist durch Lockerungen von Vorschriften zu ermöglichen beziehungsweise mit Anreizen für Bauwillige und Gemeinden lukrativ zu gestalten. Zudem braucht es dazu ein Umdenken aller Beteiligten (Bauherren, Planer, Architekten und Baufirmen) sowie die Entwicklung neuer Methoden und Instrumente. Wenn überhaupt, müssten die Baulandverknappung und die Pflicht zur Siedlungsentwicklung nach Innen schrittweise und mit Übergangsfristen angegangen werden.

Wichtig ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung nicht gebremst werden darf und dass auch eine Entwicklung des ländlichen Raumes nach wie vor möglich ist. Es ist deshalb fragwürdig, wenn die künftige Siedlungsentwicklung prioritär an zentrale, gut durch den ÖV und den Langsamverkehr erschlossene Lagen gelenkt werden soll (vgl. S. 8, Richtplaninhalte Siedlung). Vielmehr gilt es, auch die Besiedelung und die wirtschaftliche Entwicklung im dezentralen Raum aufrecht zu erhalten und zu fördern – der Richtplan selbst hält ja fest, dass in Berggebieten und in ländlichen Streusiedlungsgebieten mit Abwanderungstendenzen eine Stabilisierung der Bevölkerungszahl anzustreben ist. Zentral ist deshalb eine situative Umsetzung der Raumplanung nach der Maxime „das Richtige am richtigen Ort“.

 

  1. Bemerkungen zur angestrebten Entwicklung des Kantons Bern

Die SVP Kanton Bern teilt die Ansicht, dass ein Wachstum des Kantons Bern anzustreben ist. Nicht einverstanden ist sie aber damit, dass das Wachstum vorab in den Zentren und auf den Entwicklungsachsen erfolgen soll. Für einen wirtschaftlich gesunden Kanton muss im gesamten Kantonsgebiet ein Wachstum ermöglicht werden. Der ländliche Raum sollte deshalb nicht nur als Produktionsraum für die Land- und Energiewirtschaft, sondern auch als Produktionsraum für das Gewerbe gestärkt werden. Ebenfalls nicht einverstanden ist die SVP, dass Schwerpunkte im öffentlichen Verkehr und im Langsamverkehr gesetzt werden sollen (vgl. S. 5, Richtplaninhalte Siedlung). Die Verbesserung der wirtschaftlichen Standortqualität bedingt auch den Erhalt und Ausbau der Kapazität des Strassenverkehrs. Beim wichtigen Erhalt der Vielfalt der Natur- und Kulturlandschaften schliesslich ist zu beachten, dass dieser die wirtschaftliche Entwicklung nicht lähmen darf.

 

  1. Bemerkungen zu Strategien

A1 Strategie Siedlungen

Siedlungsentwicklung nach innen fördern und nach aussen beschränken

Wie bereits eingangs erwähnt, lehnt die SVP Kanton Bern eine von oben verordnete Siedlungsentwicklung nach Innen ab. Eine Förderung der Siedlungsentwicklung nach Innen ist dagegen grundsätzlich sinnvoll. Dazu sind insbesondere auch Vorschriften abzubauen. So sollten etwa Aufstockungen/Anbauten bei Wohnhäusern oder Erweiterungen von Gewerbebetrieben leichter möglich sein und nicht mehr so einfach mit Verweisen auf den Ortsbildschutz verhindert werden können. Zudem darf die Siedlungsentwicklung nach Innen nicht gefährdet werden durch Mehrwertabschöpfungen bei Um- und Aufzonungen. Diese Mehrwertabschöpfung ist bundesrechtlich nicht vorgeschrieben und damit wegzulassen.

 

Siedlungsqualität unter Berücksichtigung von Ortsbildqualitäten, Natur und Landschaft erhalten und aufwerten

Diese Strategie wird als heikel erachtet, da zu befürchten ist, dass damit die (wirtschaftliche) Entwicklung gelähmt wird, eine Vorschriftenflut entsteht und die Freiheit der Eigentümer eingeschränkt wird. Wenn überhaupt, ist sie mit grösstmöglichem Pragmatismus umzusetzen.

 

Abstimmung von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung

Die Schwerpunktbildung von Zonen für Arbeit und Dienstleistungen an verkehrlich gut erschlossenen, zentralen Lagen darf nicht zu einer Vernachlässigung dezentraler Lagen führen. Deshalb sollte sich die Siedlungsentwicklung nicht nur an den bestehenden Verkehrsinfrastrukturen des ÖV orientieren. Die zu berücksichtigenden Anforderungen sollten deshalb nebst der Erreichbarkeit, die ÖV-Erschliessungsgüte, Kapazitätsüberlegungen bei bestehenden Verkehrsinfrastrukturen und die Durchlässigkeit der Gebiete für den Langsamverkehr auch den Strassenverkehr umfassen. Zudem dürfen Verkehrsinfrastrukturen und das Verkehrsangebot, anders als in Zielsetzung A15c dargelegt, nicht nur dort weiterentwickelt werden, wo die Schwerpunkte der Siedlungsentwicklungen liegen, da dies zu einer Vernachlässigung des ländlichen Raumes führen würde, und sie haben auch die Kapazität des motorisierten Individualverkehrs zu umfassen.

 

Attraktive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen

Richtig wird erkannt, dass die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung des Kantons unterdurchschnittlich sind und dass ein wichtiger Grund dafür die Heterogenität des Kantons darstellt. Unverständlich ist aber, dass der Fokus so einseitig auf die dynamischen Regionen gelegt wird, da dies die Heterogenität noch verstärkt. Die Zielsetzungen sind deshalb unbedingt zu ergänzen, um auch die Ansiedlung von Unternehmen in strukturschwachen Gebieten zu ermöglichen. Ausdrücklich begrüsst wird hingegen die Zielsetzung, eine angemessene Entwicklung der bestehenden Betriebe zu ermöglichen.

A2 / A3 Grösse und Verteilung des Siedlungsgebiets sowie der Bauzonen und Nutzungsreserven

Die Zielsetzungen in diesem Bereich sind zu überarbeiten und wirtschaftsfreundlicher zu gestalten. Das Siedlungsgebiet darf nicht nur um 1‘400 ha wachsen können, da zu befürchten ist, dass so die künftigen Entwicklungen resp. die Interessen der Wirtschaft nur ungenügend abgedeckt sind, mit verheerenden Auswirkungen auf den Kanton. Die Bauzonen im Kanton Bern sind bereits jetzt nicht überdimensioniert und es ist nicht einzusehen, weshalb die maximal mögliche Grösse des Siedlungsgebiets trotz Konformität des Bauzonenregimes im Kanton Bern mit den Vorgaben des Bundes derart und radikal beschränkt werden soll. Sie ist auch nicht umsetzbar, da die Bevölkerung und die Gemeinden für die Baulandverknappung und eine forcierte Entwicklung nach Innen noch nicht bereit sind. Ebenfalls lehnen wir die Verteilung des Wachstums des Siedlungsgebiets ab. Es ist willkürlich, das Wachstum in den zentrumsnahen ländlichen Gebieten und den Hügel- und Berggebieten auf 25% beschränken; diese Beschränkung würde die Standortnachteile in diesen Gebieten zementieren. Dasselbe gilt für das Wachstum der Wohn- und Mischzonen, das weder nur 525 ha betragen noch zum grössten Teil in den urbanen Kerngebieten sowie den Agglomerationsgürteln und Entwicklungsachsen erfolgen sollte.

 

A4 Bauen im ländlichen Raum

Mit den Zielsetzungen in diesem (unveränderten) Kapitel ist die SVP Kanton Bern mehrheitlich einverstanden. Beim Bauen ausserhalb der Bauzone braucht die Landwirtschaft aber praktikable, pragmatische Lösungen und Planungssicherheit. Sie muss zeitgemässe Gebäude und Anlagen erstellen können, die Produktionsmöglichkeiten dürfen nicht eingeschränkt werden und die Strukturkosten dürfen sich nicht weiter erhöhen. Der Kulturlandschutz ist zwar wichtig, aber landwirtschaftliche Gebäude sind bedeutsam, da nur eine wirtschaftliche, vielseitige Nutzung den Erhalt der kultivierten Landschaft sichert, welcher der Richtplan ebenfalls eine hohe Bedeutung beimisst. Wichtig ist, dass die Umnutzung bestehender Bauten zu Gewerbe- und auch zu Wohnzwecken vereinfacht wird. Nicht einverstanden sind wir damit, dass spätere Erweiterungen dieser Gewerbebetriebe nach wie vor nicht zulässig sein sollen. Einzuführen ist schliesslich eine statische Waldgrenze, um der zunehmenden Verwaldung entgegenzuwirken.

 

  1. Bemerkungen zu Massnahmen

A_01 Baulandbedarf Wohnen bestimmen

Folgende Anpassungen sind vorzusehen:

  1. Ist von der vollumfänglichen Anrechnung der Baulandreserven an den 15-jährigen Baulandbedarf abzusehen. Die staatlich verordnete Baulandverflüssigung wird aufgrund der damit verbundenen Eingriffe in die Eigentumsgarantie der Grundeigentümer abgelehnt. Diese sollten selbst bestimmen können, wann und ob sie überbauen. Deshalb können die bestehenden Baulandreserven an den 15-jährigen Baulandbedarf auch nur dann angerechnet werden, wenn das Land tatsächlich verfügbar ist.
  2. Ist auf den Abzug des Verdichtungspotenzials innerhalb der überbauten Bauzone zu 1/3 vom berechneten 15-jährigen Baulandbedarf zu verzichten. Dies, weil das Verdichtungspotenzial oft theoretischer Natur ist, das aus praktischen und/oder finanziellen Gründen nicht realisiert werden kann, und die Gemeinden Verdichtungen nicht erzwingen können resp. nicht erzwingen können sollten. Den Gemeinden darf das Verdichtungspotenzial deshalb nicht negativ angerechnet werden.
  3. Ist die Konzentration der Bevölkerungsentwicklung auf die urbanen Zentren und Agglomerationen zu reduzieren. Eine so starke Konzentration würde sich nachteilig auf die dezentrale Besiedelung auswirken und die Standortnachteile in den ländlichen Regionen verstärken. Auch ist es wichtig, den Raum für Lösungen offen zu halten, falls sich in einzelnen Gemeinden das Bevölkerungswachstum höher entwickelt als prognostiziert
  4. Sind die Richtwerte für die Raumnutzerdichte anzupassen. Sie sind zu hoch und nicht realistisch: Viele Gemeinden erreichen diese Dichten faktisch nicht und der Raumbedarf pro Person nimmt auch in Zukunft zu.
  5. Sind die minimalen oberirdischen Bruttogeschossflächenziffern zu überprüfen. Sie sind zu hoch angesetzt und die Gemeinden haben keine rechtlichen Mittel, diese minimalen Dichten durchzusetzen.
  6. Ist die Anforderung an Ein- und Umzonungen, wonach diese ausreichend mit dem ÖV erschlossen oder die ÖV-Erschliessung sichergestellt sein muss, zu restriktiv. Nicht nur für Gemeinden des Raumtyps „Hügel- und Berggebiete“, sondern auch für solche in ländlichen zentrumsnahen Gebieten sollten Abweichungen möglich sein.

Zu überdenken ist weiter, ob bei Ein- und Umzonungen nachgewiesen werden muss, dass für das zusätzliche Verkehrsaufkommen die Kapazitäten des übergeordneten Strassennetzes ausreichen und eine gute Erreichbarkeit für den Langsamverkehr gegeben ist. Hier wären auch potenzielle Kapazitätserweiterungen des Strassennetzes miteinzubeziehen.

Nicht einverstanden ist die SVP Kanton Bern schliesslich mit der eigentümerfeindlichen Regelung, dass bestehende peripher gelegene Bauzonenreserven, die schlecht gelegen sind, an bessere Standorte zu verlegen sind.

 

A_05 Baulandbedarf Arbeiten bestimmen

Folgende Anpassungen sind vorzunehmen:

  1. Sollte die Arbeitszonenbewirtschaftung gestrichen werden. Die An- und Umsiedelung sollte nicht nur in den ESP, den SAZ und regionalen Arbeitsschwerpunkten erfolgen, sondern auch in den peripheren Gebieten.
  2. Ist der Nachweis der haushälterischen Bodennutzung bei Neueinzonungen für Arbeitszonen zu streichen, da dies eine unnötige bürokratische Einschränkung bedeutet.

 

A_06 Fruchtfolgeflächen schonen

Die Beanspruchung von landwirtschaftlicher Nutzfläche für zonenkonforme Bauten sollte kompensationsfrei möglich sein, da sonst faktische Enteignungen bei Betrieben entstehen, wenn sie ihre Produktion optimieren wollen, eine Kompensation aber nicht möglich ist, wenn sie nur über Fruchtfolgeflächen verfügen. Auch ist sicherzustellen, dass Gewerbebetriebe in derselben Situation analog zu den Landwirtschaftsbetrieben behandelt werden.

 

A_07 Siedlungsentwicklung nach Innen fördern

Diese Massnahme ist zu streichen. Wie bereits erwähnt, lehnt die SVP eine verordnete Siedlungsentwicklung nach Innen ab, da sich diese nicht erzwingen lässt. Zielführender ist es, die Vorschriften im Bereich verdichtetes Bauen zu lockern und damit ein besseres Verhältnis der Interessen der Bauherren gegenüber denjenigen des Ortsbilds- und Landschaftsschutzes zu schaffen. Insbesondere ist, wie dies die SVP Kanton Bern bereits in ihrer Stellungnahme zur Baugesetzrevision gefordert hat, die OLK abzuschaffen oder ihr lediglich noch Beratungskompetenzen zuzubilligen.

 

B_01 Verkehrsintensive Vorhaben: Verkehr, Siedlung und Umwelt abstimmen

Die Kriterien 3, 4 und 7 für die raumplanerische Festlegung der Standorte für VIV sind zu streichen oder zu relativieren. Es kann nicht sein, dass neue Kriterien eingeführt werden, die faktisch die Hürden für VIV im Vergleich zum bisherigen Fahrleistungsmodell erhöhen.

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